Montag, 23. Dezember 2024
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 ARMIDA

 

Georg Friedrich Händels 1711 in London uraufgeführte Oper „Rinaldo“ wird in „Armida statt Rinaldo“ auf den Kopf gestellt, aus orientalischer Sicht erzählt und collagenartig umgeformt. Dabei ist Armida die bestimmende Figur, durch die Rinaldo zur existenziellen Bestimmung findet.

Das Singspiel endet in einer Hochzeit zwischen Orient und Okzident, in der Christentum und Islam geschwisterlich zueinander finden: Ein Gott, eine Liebe. Rinaldo kommt im Gefolge des fränkischen Grafen und Kreuzritters Balduin von Boulogne in den Orient. Nach der Einnahme der alten Stadt Edessa (Urfa), kann er seine Gelüste austoben. Von einem vergifteten Pfeil jäh gestoppt, landet er in den Armen Armidas und ihres Vaters, eines Derwischs und Arztes.

Statt gegen Sarazenen muss Rinaldo nun gegen seine Vorurteile kämpfen. Dabei verliebt er sich in Armida. Zentrales Motiv dieser „Opera Minor“ ist die Hochzeit zwischen Orient und Okzident. Diese vollzieht sich – vom Derwisch geleitet – exemplarisch in dem Paar Rinaldo und Armida. Auf diese drei Protagonisten konzentriert sich dann auch das Werk. Bei diesem bislang einmaligen Projekt handelt es sich um ein dem barocken Pasticcio nachempfundenes Werk auf der Basis von Händelarien (vor allem aus Rinaldo, Serse und Giulio Cesare) und Musik aus dem osmanisch-türkischen Kulturkreis.

Hier erklingt sowohl höfische Musik von Dede Efendi, Ismail Hakki Bey, Sebilci und Sakir Aga als auch geistliche Musik aus der Sufitradition mit Texten von Yunus Emre und Niyazi Misri. Wie die Protagonisten stehen sich die Musik Händels als auch die türkische Musik in ihrer ganzen Stärke gegenüber, nähern sich aber im Verlauf der Geschichte auf faszinierende Weise an, bis hin zu einer atemberaubenden Verschmelzung, ohne jedoch ihre Identität aufzugeben.

Die Musiker des Pera-Ensembles stehen der Tradition der Sufimusik nahe. Mehmet C. Yesilcay entstammt selber einer alten Derwischfamilie, während Ahmet Özhan künstlerischer und Ihsan Özer musikalischer Leiter des Ensembles für historische Musik Istanbul des türkischen Kultusministeriums sind.

So ist es kein Zufall, dass Armida eine musikalische Botschaft ist – die Möglichkeit einer Vision, Gegenüberstellung der Kulturen, Auseinandersetzung mit dem Fremden, Umgang mit dem Phänomen der „Türkenangst“, Kreuzzüge aus einer anderen Sicht, Kriege, die im Namen Gottes oder irgendwelcher Ideale geführt werden und eine Liebesgeschichte, die nichts von ihrer Aktualität verloren hat, ob in Berlin, Köln oder Istanbul.